TranceNet: German Court 1985 Ruling
Part 4 of 5
X-POP3-Rcpt: jmknapp@mail
Date: 10 Feb 1996 15:38:00 +0100
From: bpfk@alnilam.toppoint.de (Bernd Kassler)
To: jmknapp53@gmail.com
Subject: Re: TRANCE-L: "German" Study.
Mime-Version: 1.0
Organization: Inst. f. Angew. Heterogonie, Kiel
hoerig und unfaehig wuerden, ihr Leben eigenverantwortlich zu
gestalten. Insbesondere der Sachverstaendige Dr. Klosinski,
der eine groePere Zahl von TM-Anhaengern untersucht hat,
konnte nicht bestaetigen, daP diese zu blind gehorchenden
Mitgliedern gemacht worden seien.
3. Die Anerkennung des der Transzendentalen Meditation
zugrundeliegenden Gedankenguts als Weltanschauung sowie die
Zuordnung des Klaegers zu 1. zu den Weltanschauungsgemein-
schaften und die daraus folgende Gewaehrung des Schutzes aus
Art. 4, 140 GG bedeutet nicht, daP den staatlichen Organen
jede AeuPerungsmoeglichkeit ueber die TM-Bewegung genommen ist.
Soweit Weltanschauungsgemeinschaften punktuell andere durch
die Verfassung geschuetzte Werte verletzen und den Schutzbe-
reich des Art. 4 GG verlassen oder gegen das allgemein
geltenden Gesetzt verstoPen, ist der Staat ohnehin befugt,
SchutzmaPnahmen zu treffen. Im uebrigen sind AeuPerungen der
Beklagten zulaessig, wenn sie unter Beruecksichtigung der
Bedeutung der Bekenntnisfreiheit im Hinblick auf andere
Wertentscheidungen des Grundgesetzes auf das erforderliche
MaP beschraenkt sind. Dies gilt auch dann, wenn sie die
Ausuebung einer Weltanschauung tatsaechlich beeintraechtigen.
Die ungestoerte Bekenntnisausuebung wird durch andere Bestim-
mungen des Grundgesetzes begrenzt. Zu beruecksichtigen ist in
diesem Zusammenhang insbesondere das Recht der politischen
MeinungsaeuPerung als ureigenes verfassungsmaePiges Recht der
Regierung. Danach ist die Beklagte befugt, sich im Rahmen
ihres Handlungs- und Aufgabenbereichs zu allen politisch
relevanten Fragen zu aeuPern. Zu den Aufgaben, ggf. sogar zu
den Pflichten der Regierung gehoert es, die Bevoelkerung ueber
Gefahren aufzuklaeren, die sich fuer die Wuerde des Menschen
(Art. 1 Abs. 1 GG), das Recht auf Leben und koerperliche
Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 1 GG), den Schutz von Ehe und
Familie (Art. 6 GG), das Eigentum (Art. 14 GG), das
Rechtsstaats- sowie das Sozialstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3
GG) ergeben koennen, und gezielte Warnungen auszusprechen.
Bei der Wahrnehmung dieser generellen Informationsaufgabe
hat der Staat die staatskirchenrechtlichen Grundsaetze der
Neutralitaet und der Paritaet zu beachten. Das Grundgesetz
legt durch Art. 4 Abs. 1, Art. 3 Abs. 3, Art. 33 Abs. 3 GG
sowie durch Art. 140 GG iVm Art. 136 Abs. 1 und 4, Art. 137
Abs. 1 WRV dem Staat als Heimstatt aller Staatsbuerger ohne
Ansehen der Person weltanschaulich-religioese Neutralitaet
auf,
vgl. BVerfG, Urteil vom 14. November 1965 - 1 BvR
415, 416/60 - in: BVerfGE 19, 206 (216).
Sie bedeutet das Gebot der Nichtidentifikation mit einer
Religion oder Weltanschauung. Der Staat darf sich an der
geistigen Auseinandersetzung ueber Ursprung, Sinn und Ziel
der Welt und des Lebens der Menschen nicht beteiligen,
sondern hat sie den verschiedenen Kraeften in der plurali-
stischen Gesellschaft zu ueberlassen.
Im Hinblick auf die zentrale, die Wuerde des Menschen
konstituierende Funktion der Bekenntnisfreiheit muP die
Bezeugung eines religioesen oder weltanschaulichen Bekennt-
nisses bis zu dem Punkt ermoeglicht werden, an dem die
elementaren Rechte Dritter oder der Allgemeinheit die Prio-
ritaet beanspruchen. Beeintraechtigungen sind nur insoweit
zulaessig, als sie mindestens gleichwertigen Rechten Dritter
dienen oder Gemeinwohlwerte verwirklichen, die zur Wahrung
eines gedeihlichen Zusammenlebens unerlaePlich sind. AeuPerun-
gen muessen den fuer staatliches Handels maPgeblichen Prinzi-
pien der VerhaeltnismaePigkeit, der Erforderlichkeit und der
Sachgerechtigkeit unter Beachtung des Verbots des UebermaPes
entsprechen. Wertende AeuPerungen duerfen nicht weitergehen,
als sie durch Tatsachen gestuetzt sind. Tatsaechlich Ungeklaer-
tes darf nicht als feststehend hingestellt werden, sondern
allenfalls bei besonderen Sachlagen im Rahmen von Warnungen
als moeglich. AuPerdem muP der Grundsatz der Paritaet, der
Gleichbehandlung aller Religionen und Weltanschauungen,
beachtet werden.
4. Die Bezeichnung der Bewegung der Transzendentalen Medita-
tion als Jugendsekte, Jugendreligion oder Psychosekte durch
die Beklagte in der Oeffentlichkeit ist nach diesen Grundsaet-
zen unzulaessig.
Der Senat laePt dahinstehen, ob dies hinsichtlich der
Begriffe Jugendsekte und Psychosekte schon deshalb gilt,
weil das Wort "Sekte" ueberwiegend negativ besetzt ist; dies
zeigt sich schon darin, daP sich keine Religions- oder
Weltanschauungsgemeinschaft selbst als Sekte bezeichenet.
Unentschieden bleibt ferner, ob die Verwendung des Begriffs
"Jugendreligion" in bezug auf TM fuer die Beklagte bereits
aus dem Grunde unzulaessig ist, weil es sich nicht um eine
Religions-, sondern um eine Weltanschauungsgemeinschaft han-
delt. Der Senat laePt weiter offen, ob die Beklagte die TM-
Bewegung nicht als Jugendsekte oder Jugendreligion bezeich-
nen duerfte, weil Anhaenger der Bewegung der Transzendentalen
Meditation nicht in erster Linie Jugendliche sind.
Die Unzulaessigkeit der AeuPerungen folgt jedenfalls aus dem
Vergleich zwischen den mit den Begriffen Jugendsekte,
Jugendreligion und Psychosekte in der Oeffentlichkeit verbun-
denen Vorstellungen und dem tatsaechlichen Wirken der TM-
Bewegung in der Oeffentlichkeit; es handelt sich um herabset-
zende Werturteile, denen die tatsaechliche Grundlage weitge-
hend fehlt.
Die Bezeichnung einer Vereinigung als
Jugendsekte/Jugendreligion - diese Begriffe werden synonym
verwandt - weckt bei dem durchschnittlichen Empfaenger dieser
Aussage - dies folgt aus den umfangreichen Presseveroeffent-
lichungen - ein Buendel negativ bewerteter Assoziationen,
naemlich die Vorstellung gesetzwidriger, pseudoreligioeser und
destruktiver Praktiken verschiedenster Art. Schon daP die-
selben Gruppierungen auch als destruktive Kulte bezeichnet
werden, macht das damit verbundene abwertende Urteil deut-
lich. Jugendsekten/Jugendreligionen sind danach jugendge-
faehrdend, sei es in psychischer, finanzieller oder sozialer
Hinsicht. Ihre Mitglieder werden als Opfer, Verfuehrte,
MiPbrauchte und Ausgebeutete betrachtet. Die im einzelnen
erhobenen Vorwuerfe sind folgende: Es handele sich um autori-
taer gefuehrte Organisationen mit oftmals vorbestraften, geld-
und machthungrigen Fuehrergestalten, die religioese Heils-
versprechungen als Deckmantel benutzten, Mittel der geisti-
gen Verfuehrung, Psychomutation, Gehirn- und Seelenwaesche
einsetzten, vor strafbaren Handlungen wie Freiheitsberau-
bung, Noetigung, Betrug und Vergehen gegen die sexuelle
Selbstbestimmung nicht zurueckschreckten und bewuPt hinarbei-
teten auf ein Zerbrechen der sozialen Kontakte der unter
Ausnutzung ihrer idealistischen Einstellung als Anhaenger
gewonnenen jungen Menschen, diese von ihrem Berufsweg
abbraechten und den Familienzusammenhang zerstoerten; die
schliePlich willenlos, psychisch krank und lebensunfaehig
gemachten Anhaenger wuerden finanziell ausgebeutet und - wenn
sie fuer die Gemeinschaft nicht mehr tragbar seinen -
ausgestoPen.
Die unter den Begriffen Jugendsekte/Jugendreligion zusammen-
gefaPten Gruppierungen sind sehr unterschiedlich. Der ein-
zelnen Gruppe wird - sofern eine Konkretisierung ueberhaupt
erfolgt - ein mehr oder weniger groPer Teil der genannten
Praktiken nachgesagt. Einen ganz konkret ausmachbaren Infor-
mationsinhalt hat die Bezeichnung als
Jugendsekte/Jugendreligion nicht. Als Gesamteindruck bleibt
das Odium der Jugendgefaehrdung.
Der Senat laePt dahinstehen, ob die Beklagte eine Gruppierung
nur dann Jugendsekte/Jugendreligion nennen duerfte, wenn die
in ihrem gesellschaftlichen Wirken alle soeben aufgezaehlten
Vorwuerfe verwirklicht. Jedenfalls duerfe sie das nur, wenn
ein erheblicher, die Bezeichnung als "schwere Gefahr fuer
junge Menschen" rechtfertigender Teil der Umstaende tatsaech-
lich vorlaege.
Dies ist in bezug auf die Bewegung der Transzendentalen
Meditation nicht der Fall. Persoenlicher Macht- oder Geldhun-
ger des Begruenders sind nicht belegt. Strafbare Handlungen
wie Freiheitsberaubung, Noetigung und sexueller MiPbrauch
sind der TM-Bewegung zu keinem Zeitpunkt und von keiner
Seite vorgehalten worden. Auch der Vorwurf des Betruges ist
in bezug auf das sogenannte Fliegen nicht gerechtfertigt.
Soweit die TM-Bewegung Interessenten taeuscht, naemlich durch
die Angaben, TM sei weltanschaulich neutral, die Mantren
wuerden individuell ausgewaehlt, mag die Beklagte durchaus zu
richtigstellenden Informationen berechtigt sein; die Be-
zeichnung als Jugendsekte/Jugendreligion ist dazu jedoch zu
plakativ.
Es laePt sich auch nicht feststellen, daP die Bewegung der
Transzendentalen Meditation bewuPt auf ein Zerbrechen der
sozialen Kontakte ihrer Anhaenger hinarbeitet. Der Familien-
zusammenhang kann allerdings beeintraechtigt werden und gege-
benenfalls auch eine Ehe in eine Krise geraten. Dies ist
jedoch im religioes-weltanschaulichen Bereich nicht voellig
untypisch: Wer einen tiefgreifenden Religions- oder Welt-
anschauungswechsel vollzieht, veraendert Seinswirklichkeit
und kann dadurch in die Situation geraten, mit frueheren
Einstellungen und Ordnungskriterien zu brechen. Die Mitglie-
der der TM-Bewegung leben nicht ueberwiegend in Ashrams; es
gibt offenbar nur wenige "Sidha-Lands". Die Anhaenger ver-
bleiben in der Regel auch in ihrem Beruf. DaP einige von
ihnen hauptberuflich Aufgaben im Rahmen der Bewegung ueber-
nehmen, ist fuer Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaf-
ten nicht ungewoehnlich, selbst wenn ein besondere Einsatz -
gegebenenfalls auch was den Umfang der finanziellen Ausbeu-
tung kann auch nicht im Hinblick auf die Hoehe der Kursgebueh-
ren gesprochen werden; jedes Mitglied kann entscheiden, ob
es einen Kurs besuchen will.
Daraus, daP sich jemand von einer vielen sonderbar oder auch
befremdlich erscheinenden Heilslehre ueberzeugen laePt, kann
nicht der SchluP auf eine durchgefuehrte "Gehirn- und Seelen-
waesche" gezogen werden, auch wenn die Entscheidung fuer
AuPenstehende ueberraschend und unverstaendlich sein mag. Aus
den dem Senat vorliegenden Unterlagen und dem unten darge-
stellten Ergebnis der Beweisaufnahme laePt sich nicht herlei-
ten, die Anhaenger der TM-Bewegung wuerden fast regelmaePig
willenslos, psychisch krank oder lebensunfaehig gemacht, es
bestehe eine allgemeine Gefahr fuer die Oeffentlichkeit,
insbesondere fuer junge Menschen.
DaP die Beklagte die Begriffe Jugendsekte/Jugendreligion in
der gesellschaftlichen Auseinandersetzung in religioes-welt-
anschaulichen Fragen vorgefunden hat, berechtigt sie nicht,
diese in der geschehenen Weise zu gebrauchen. Zum einen
wurden diese Begriffe in erster Linie von nicht dem Grund-
satz religioes-weltanschaulicher Neutalitaet unterliegenden
Gegnern der neuen religioesen und weltanschaulichen Bewegun-
gen gepraegt. AuPerdem hat die Beklagte den abwertenden
Begriffsinhalt durch EinzelaeuPerungen bestaetigt. Unbedenk-
lich ist die Verwendung von Arbeitsbegriffen durch die
Beklagte nur dann, wenn sie eine wertneutrale soziologische
Zuordnungsfunktion haben. Abwertende Begriffe darf sie
jedenfalls in bezug auf die Gemeinschaften, bei denen der
dafuer notwendige tatsaechliche Hintergrund fehlt, nicht ver-
wenden.
Die Bezeichnung als Psychosekte hat ebenfalls negativen
Inhalt. Sie deutet auf den Einsatz obskurer psychologischer
Verfahren zur Persoenlichkeitsveraenderung bzw. -verformung
hin. Wie dargelegt, fehlt es hierfuer hinsichtlich der
Bewegung der Transzendentalen Meditation an Nachweisen.
Durch die Bezeichnung als Jugendsekte, Jugendreligion und
Psychosekte ist nicht nur der Klaeger zu 1., sondern sind
auch die uebrigen Berufungsklaeger betroffen. Ohr Recht und
ihr Bestreben, sich intensiv fuer die Verbreitung des Pro-
gramms der Transzendentale Meditation einzusetzen, wird
beeintraechtigt.
5. Auch die AeuPerung, TM werde von nicht ausreichend
qualifizierten Lehrern vermittelt, ist nach den unter 3.
dargelegten Grundsaetzen zu pauschal und deswegen unzulaessig.
Sie beruehrt die Bekenntnisfreiheit, weil die Ruege mangelnder
Qualifikation der autorisierten Verbreiter einer Lehre
geeignet ist, Ansehen und Wirken der Weltanschauungsge-
meinschaft zu beeintraechtigen. Andere Bestimmungen des
Grundgesetzes rechtfertigen diese AeuPerung der Beklagten
nicht.
GemaeP Art. 140 GG iVm Art. 137 Abs. 3 und 7 WRV ordnet und
verwaltet jede Weltanschauungsgemeinschaft ihre Angelegen-
heiten selbstaendig innerhalb der Schranken des fuer alle
geltenden Gesetzes. Sie verleiht ihre Aemter ohne Mitwirkung
des Staates oder der buergerlichen Gemeinde und entscheidet,
welche Ausbildungsanforderungen sie stellt. Der Staat darf
die Ausbildung nicht vorschreiben; ihm steht nicht einmal
ein Mitspracherecht zu.
Die Beklagte kann nicht verlangen, daP Meditationen nur von
medizinisch, psychologisch oder psychiatrisch Geschulten
vermittelt werden. Dies schon deshalb nicht, weil ein "fuer
alle geltendes Gesetzt", das eine Ausbildung als Medita-
tionsleiter und damit als TM-Lehrer vorsieht, nicht besteht.
Insbesondere sind Vorschriften des Gesundheitsrechtes nicht
einschlaegig. Die Transzendentale Meditation ist nicht Aus-
uebung von Heilkunde, auch wenn sie als Entspannungstechnik
eingesetzt werden kann, wie die Klaeger betonen und die
Beklagte zugestanden hat.
Es mag wuenschenswert sein, daP der Meditationsleiter Erfah-
rungen in der Fuehrung von Menschen und Verstaendnis fuer das
psychische Geschehen bei der Meditation hat. Die Beklagte
kann deshalb auch durchaus berechtigt sein - auch hierbei
muePte allerdings der Grundsatz der Paritaet beachtet werden
~, Informationen ueber die Aus- bzw. Vorbildung von TM-
Lehrern zu geben, wie z.TM-Bewegung. die TM-Bewegung fordere
von ihren Lehrern keine Ausbildung als Arzt, Heilpraktiker,
Psychologe, Psychiater oder Psychotherapeut. Zur sachgerech-
ten Information der Bevoelkerung ist jedoch eine so pauschale
AeuPerung, wie die TM-Lehrer seine nicht hinreichend qualifi-
ziert, nicht notwendig.
6. Die AeuPerung "TM kann zu psychischen Schaeden oder zu
einer Persoenlichkeitszerstoerung fuehren", ist nach den darge-
legten Grundsaetzen ebenfalls in dieser pauschalen Form
unzulaessig.
a) Die Begriffe "psychischer Schaden" und
"Persoenlichkeitszerstoerung" sind - wie der Sachverstaendige
Prof. Scharfetter besonders betont hat - unscharf. Im
BewuPtsein der Bevoelkerung stellt ein "psychischer Schaden",
insbesondere wenn der Begriff im Zusammenhang mit
"Persoenlichkeitszerstoerung" gebraucht wird, eine erhebliche
seeliche Stoerung das, die entweder eine psychiatrische oder
psychotherapeutische Behandlung erforderlich macht oder
sogar bleibend ist. Die von dem Zeugen Prof. Domeyer
erwaehnten psychosomatischen Stoerungen - vegetative Dystonie,
Schlafstoerungen - und die von dem Sachverstaendigen Prof.
Satura beschriebenen neurotischen Stoerungen - Verlust des
seelischen Gleichgewichts durch aus dem UnterbewuPten hoch-
kommende schwierige Probleme, latente Aengste, unverarbeitete
Wunden, Schuld- oder Rachegefuehle -, die zu einer staerkeren
Erschuetterung der Persoenlichkeit, z.B. zum Weinen, fuehren
koennten, reichen zur Ausfuellung des gewichtigen Begriffs
"psychischer Schaden" nicht aus. Nicht unter diesen Begriff
faellt die Einstellung und Lebensfuehrung der TM-Anhaenger.
Durch Art. 4 GG wird gerade auch das Recht geschuetzt, eine
abendlaendischem Denken fremde Heilslehre zu ergreifen.
Eine Warnung der Beklagten dergestalt, TM koenne zu psychi-
schen Schaeden oder zu einer Persoenlichkeitszerstoerung fueh-
ren, wird von der Bevoelkerung dahin verstanden, daP eine
gesteigerte Gefahrensituation bestehe, TM muePte deutlich
gefaehrdender sein als andere Meditationsverfahren oder die
Zugehoerigkeit zu anderen weltanschaulichen oder religioesen
Gemeinschaften zu denen die Beklagte Vergleichbares nicht
aeuPert.
b) Die von den Beteiligten im Verfahren vorgelegten Belege
ergeben nicht, daP Menschen, die sich in der TM-Bewegung
engagieren oder auch nur nach der TM-Technik meditieren,
tatsaechlich in einer gegenueber dem durchschnittlichen Pro-
zentsatz hoeheren Quote psychisch erkranken. Die
"Dokumentation ueber die Auswirkungen der Jugendreligionen
auf Jugendliche in Einzelfaellen" der "Aktion fuer geistige
und psychische Freiheit" und die "Dokumentation zur Trans-
zendentalen Meditation" sowie die Studie "Differenzielle
Wirkungen der Praxis der Transzendentalen Meditation" des
"Instituts fuer Jugend und Gesellschaft e.V.", Bensheim,
lassen repraesentative Aussagen nicht zu. Sie behandeln nur
Einzelfaelle; es kommen nur negative Eingestellte zu Wort. Im
uebrigen sind die Informationen in mehr als der Haelfte der
dargestellten Faelle mittelbar; sie stammen von Eltern oder
Ehegatten, ohne daP die Betroffenen dazu gehoert worden sind.
Diese Arbeiten sind von religioes-weltanschaulichen Gegnern
der TM-Bewegung verfaPte Tendenzschriften.
Den vom Beklagten vorgelegten medizinischen Gutachten ist zu
entnehmen, daP Meditation das UnbewuPte heftig aufruetteln
kann und da# waehrend solcher meditativer Uebungen die Mani-
festation von Psychosen beobachtet worden ist. Die Gutachten
erlauben nicht, eine generelle Aussage ueber die Gefaehrlich-
keit der Transzendentalen Meditation zu treffen. Der Disser-
tation von Hedwig Holper laePt sich nicht entnehmen, ob die
dort geschilderten psychischen Erkrankungen zahlenmaePig ueber
die Quote ihres spontanen Auftretens hinausgehen. Das kann
auch nicht ohne weiteres angenommen werden, da die Poko-
Studiengruppe in ihrer Untersuchung 'Jugendsekten' - Zur
Evaluierung des Beratungs- und Rehabilitationsbedarfs
Betroffener" zu dem Ergebnis kommt, im Widerspruch zu den in
der oeffentlichen Meinung erzeugten Erwartungen ueber das
AusmaP des Sektenproblems seien nur wenige Faelle festzustel-
len gewesen, die als Rehabilitations- bzw. Beratungsnachfra-
gen in Betracht gekommen waeren; von einer allgemeinen Gefahr
fuer die Oeffentlichkeit koenne nicht gesprochen werden.
c) Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht fest, daP das
transzendentale Meditieren oder auch das Engagement in der
TM-Bewegung, als sogenanntes life event Ausloeser fuer Psycho-
sen sein kann, Bei ihnen spielt die Vererbung eine erheb-
liche Rolle. Die erbliche Anlage, vermutlich auch minimale
Hirnschaeden oder auch psychosoziale Umstaende des fruehen
Aufwachsens lassen gefaehrdete - vulnerable - Individuen
entstehen. Fuer den Ausbruch der Krankheit koennen keine
spezifischen Ausloeser genannt werden. Life event kann - dies
hat insbesondere der Sachverstaendige Prof. Scharfetter
betont - jede Art Ereignis sein, das die ganze Person
ergreift und in Anspruch nimmt, eine Verlobung, eine Heirat,
eine Niederkunft, ein Militaerdienst, und auch TM.
Psychische Stoerungen nichtpsychotischen AusmaPes sind - das
haben die Sachverstaendigenvernehmungen ergeben - noch weni-
ger verlaePlich erfaPbar; Aussagen dazu sind noch schwieri-
ger. Eine Beteiligung von TM kann auch in diesem Bereich
nicht ausgeschlossen werden. Auch die Zeugen haben von
etlichen Faellen berichtet, in denen der Zusammenhang zwi-
schen TM und psychischer Entgleisung mehr oder wenig deut-
lich zutage trat.
Das TM ueberdurchschnittlich haeufig psychoseausloesend oder
psychische Stoerungen hervorrufend wirkt, kann auf der Grund-
lage des bisher Bekannten nicht festgestellt werden.
In Uebereinstimmung mit den Ausfuehrungen der drei Sachver-
staendigen ist davon auszugehen, daP ein Kausalitaetsnachweis
im naturwissenschaftlichen Sinn heutzutage nicht erbracht
und darum nicht verlangt werden kann, sondern lediglich der
Nachweis eines auffallend haeufigen gemeinsamen Vorkommens,
einer sog. signigikant haeufigen Korrelation. Der Sachver-
staendige Prof. Satura will eine Gefaehrlichkeit der Transzen-
dentalen Meditation ohne empirischen Nachweis der signifi-
kanten Korrelation im Wege hypothetischen Verstehens anneh-
men, weil ohne die wichtigen Sicherungen der festen Koerper-
haltung und der Einuebung der Atmung meditiert werde; eine
Gefahr fuer den Meditierenden bestehe insoweit, als er die
Stuetzpunkte fuer sein Gleichgewicht, die auPerhalb seiner
Person liegen, fallen lasse. Der Sachverstaendige Prof.
Scharfetter will den Nachweis der signifikanten Korrelation
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